Der Highway 101, dem wir ab San Francisco weiter folgen, führt durch den Redwood Nationalpark. Immer wieder führen kleine Abstecher der Straße durch die Wälder, die von die riesigen Redwood-Bäume beherrscht werden. Vor allem die „Avenue of the Giants“, die ihrem Namen alle Ehre macht, ist überwältigend.
Dort kommen wir mit einem Pärchen aus dem asiatischen Raum ins Gespräch. Sie haben unser deutsches Kennzeichen an dem Rotenburg Wümme Aufdruck am Kennzeichenhalter erkannt. Ganz stolz erzählen sie uns, dass Sie Rotenburg kennen. Allerdings meinen sie wohl Rothenburg ob der Tauber, das wohl größte Touri-Dorf Deutschlands. Witzigerweise ist uns dies schon in einem Deutschland-Reiseführer bei der Familie Pelaez in Kolumbien aufgefallen. Keine der dort beschriebenen Reiseroute ließ Rothenburg aus. Es wurde dabei in einem Atemzug mit Berlin und München genannt.
In Oregon führt der 101 Highway wieder an die Küste. Es geht vorbei an rauer Pazifikküste und kleinen Hafenstädtchen. Genau danach haben wir uns gesehnt, als wir völlig verschwitzt im schwülen Panama saßen.
Da wir in zwei Tagen Besuch bekommen, suchen wir eine Selbst-Waschanlage und bringen den Bulli zum Glänzen. Unter dem Dreck, der seit der Verschiffung nach Panama am Bulli hängt, kommt ein richtig schickes Auto zum Vorschein.





Mit einem frisch gewaschenen Auto machen wir uns auf den Weg nach Hood River. Die kleine Stadt am Columbus River wurde uns schon seit San Francisco von der Kitesurf-Community empfohlen. Hier wollen wir am nächsten Tag kiten gehen. Zuvor allerdings erwarten wir mit großer Vorfreude Dennis und Maria. Die beiden haben sich für ihren sechswöchigen Urlaub in Seattle einen SUV gekauft und mit einem Bett versehen. Zusammen wollen wir dann gemeinsam die USA und Kanada erkunden.
An einem Stellplatz in den Bergen hinter Hood River erwarten wir ihre Ankunft. Nach einem schönen Wiedersehens-Abend machen wir uns am nächsten Tag auf, um den Kitespot auszuchecken. Kiten während man im Hintergrund schneebedeckte Berge sieht, ist ein bisher einmaliges Erlebnis für uns. Auch Dennis kommt mit unserer Hilfe in den Kitesurf-Genuss, obwohl dieser Kite-Spot alles andere als anfängerfreundlich ist. Nach einem weiteren Kite-Tag machen wir uns auf den Weg weiter nach Norden. Die Landschaft ändert sich schlagartig. Die dichten Nadelwälder lichten sich und nach ein paar Kilometern befinden wir uns mitten in der Wüste.



Um die Kommunikation mit den beiden Autos zu vereinfachen, haben wir zwei Walkie-Talkies angeschafft. Über diese werden wir nach einem Anstieg informiert, dass sich die Anzeige der Motor-Temperatur im roten Bereich befindet. Beim Anhalten tropft Kühlflüssigkeit aus dem Mazda. Bereits zwei Tage zuvor war ein Kühlerschlauch gerissen. Diesen konnten wir zwar reparieren, nur stehen wir diesmal nicht auf einem ruhigen Stellplatz, sondern an einer vielbefahrenen Straße. Sofort kommt ein Trucker zur Hilfe und bietet neben Kühlwasser auch eine Info zur nächsten Tankstelle an. Wir beschließen den Mazda mit dem Bulli bis zur nächsten Tankstelle abzuschleppen. Unter der Absicherung des Truckers, der mit Warnblinklicht hinter uns her zuckelt, erreichen wir einen ruhigen Parkplatz. An der Tankstelle erkennen wir die Ursache des Problems: ein weiterer Schlauch hat Risse bekommen. Ich fahre mit Dennis zum 20 km entfernten Landmaschinenhandel der auch KFZ-Ersatzteile führt. Wir bekommen alle nötigen Teile und nach circa drei Stunden sind wir wieder mit zwei funktionierenden Autos auf der Straße. Den aufregenden Tag lassen wir bei ein paar Bier und mexikanischem Mezcal ausklingen. Der nette Abend wird uns in Erinnerung bleiben, vor allem als wir um 8:00 Uhr von der Polizei geweckt werden. Der äußerst nette Beamte hat Sicherheitsbedenken um uns und so müssen wir den Platz räumen.


Die nächsten Tage verbringen an wunderschönen Campingplätzen, die meist an Seen gelegen sind. Wir lesen und baden viel und fahren in kleinen Schritten Richtung Montana und dort in den Glacier Nationalpark. Die Abende verbringen wir oft mit Doppelkopf und halten jedes Mal den Spielstand fest, was sich als keine so gute Idee herausstellt.


Im Glacier Nationalpark fahren wir die spektakuläre Going-to-the-sun-Road. In vielen Serpentinen windet sich die Straße durch die Berge und vorbei an den vielen Gletscherfeldern. Hier ist der Rückgang der Gletscher in den Rockys dramatisch zu sehen. Bis 2030 sollen alle Gletscher aus den Rocky Mountains verschwunden sein. Da wir keinen Platz auf einem der Campingplätze im Nationalpark reserviert haben, fahren wir verschiedene an und ergattern mit Glück den letzten freien Platz. Die Rangerin erklärt uns, dass auf dem Platz Zelten aufgrund der Bären verboten sei. Diese Verbot gilt aber scheinbar nur für unseren und den Nachbarstellplatz. Auf dem Rest des Campingplatzes stehen dutzende Zelte. Von der Anwesenheit der Bären können wir uns aber direkt selbst überzeugen lassen. Bei der Anfahrt zum Platz sehen wir einen kleinen Schwarzbär, der am Straßenrand durch die Wiese streift. Vom Campingplatz brechen wir am nächsten Tag im Morgengrauen zu einer Wanderung auf. Mein Knie hat nach den vielen Kitetagen keine Lust darauf und lässt mich umkehren. Maria, Dennis und Beeke erleben dafür eine großartige Wanderung in Begleitung vieler kleiner Präriehunde.






Der Glacier Nationalpark befindet sich auf der Grenze zu Kanada. Da die Grenze im Park geschlossen ist, verlassen wir den Park und machen uns auf zur Grenze nach Kanada. Wir erreichen somit das nördlichste Land unserer Reise. Die Grenze ist die mit Abstand unkomplizierteste der ganzen Reise. Im Auto sitzend wird nur der Pass gestempelt und wir dürfen passieren. Die Lebensmittel sind hier zwar etwas teurer, dafür ist der Dieselpreis günstiger als in den USA.


In Calgary, der viertgrößten Stadt Kanadas, wird mal wieder das Hemd aus den Tiefen des Bullis gekramt und wir machen uns stadtfein. Wir finden schnell ein cooles Restaurant, das neben guter Pizza auch hervorragende Muscheln auf den Tisch bringt. Im Dunkeln erkunden wir die Stadt, die durch die vielen beleuchteten Hochhäuser faszinierend aussieht.



Von Calgary aus geht es vorbei an den Stätten der Wintersportspiele und auf den Icefield Parkway. Ein kurzer Abstecher in den Peter Lougheed Provincial Park bringt uns an einen tollen Bergsee. Den Tag verbringen wir im Park, bis uns die Situation der ausgebuchten Campingplätze dazu zwingt den Park wieder zu verlassen und in Canmore auf dem Parkplatz eines Tim Hortons zu übernachten. Am nächsten Tag fahren wir den Icefield Parkway weiter durch die Nationalparks Banff und Jasper. Die Aussichten sind zwar echt schön, allerdings sind die Parks völlig überlaufen: auf einer Aussichtsplattform werden wir von einer Reiseleiterin zur Seite gedrängt, damit ihre asiatischen Klienten schnell ein Foto machen können. Sie hätten Termine und müssten schnell weiter, nach dem Motto: „Kanada in 3 Tagen“. Uns kamen schon die deutschen Backpacker in Zentralamerika befremdlich vor, die immer davon redeten Städte oder Attraktion zu „machen“ satt sie zu besuchen oder zu bereisen („Habt ihr auch den Vulkan xy gemacht?“). Dies allerdings legt noch eine Schippe drauf.




In Grande Prairie nördlich der Nationalparks wird aus einer spontanen Dusche ein ganzer Tag im Sportcenter der Kleinstadt. Eigentlich wollten wir nur einen Zugang zur Dusche erwerben, entscheiden uns dann aber für das komplette Programm und können so Squash spielen, Fitnessgeräte benutzen und das Schwimmbad mit mehreren Rutschen besuchen. Ein lustiger Tag in dem umfangreichen Sportcenter, der nebenbei noch über zwei Eisfelder fürs Eishockey-Training verfügt.


Mit Dawson Creek erreichen wir den nördlichsten Punkt unserer Reise. Die Stadt befindet sich auf dem 55. Breitengrad, wir sind somit 10 Breitengrade weiter vom Äquator entfernt als wir es am südlichsten Punkt unserer Reise waren. Über 11.000 km Luftlinie trennen uns von Ushuaia auf Feuerland. In Dawson Creek beginnt der Alaska Highway. Für uns reicht es aber nur für ein Foto am Mile Zero Point. Ab jetzt geht es wieder Richtung Süden.

Grüße gehen raus an den hervorragenden Abschleppdienst vom Transporterleben Team!