Am 24. Juni verlassen wir den spanischsprachigen Teil unserer Reise und überqueren die Grenze nach Arizona. Die Einfuhr von Obst, Gemüse und anderen Lebensmittel ist, wie an vielen Grenzen, untersagt, weshalb wir uns Mühe geben alles zu verwerten, bevor wir an die Grenze kommen. Eine Tomate, zwei Bananen und zwei Eier haben wir allerdings noch vorrätig, was wir dem ersten Grenzbeamten auf Nachfrage auch sofort berichten. Diesem folgen wir in ein kleines Büro, wo die weiteren Formalitäten erledigt werden. Um Einreisen zu dürfen müssen wir unsere Fingerabdrücke registrieren lassen. In der Zwischenzeit wird draußen unser Auto unter die Lupe genommen, das erste Mal seit dem Beginn unserer Reise lassen wir zu, dass das in unserer Abwesenheit geschieht – wahrscheinlich hätten wir es aber auch nicht verhindern können.


Während des Prozesses können wir durch das Funkgerät des Grenzbeamten den Funkverkehr verfolgen. Besonders in Erinnerung ist folgender sehr Ernst und mit Wichtigkeit vorgetragener Funkspruch des durchsuchenden Beamten geblieben: „Eggs and apples, we have eggs and apples!“. Tatsächlich möchte uns der Beamte daraus einen Strick drehen und sagt, dass wir eigentlich nicht einreisen dürften, „unser“ Beamte, den wir schon ganz zu Beginn vor der gefährlichen Fracht gewarnt haben, rettet uns aber. Nachdem wir schriftlich bestätigen, dass wir keinen Terroranschlag in den USA geplant haben und nicht an den Verbrechen der NS-Zeit zwischen 1933 und 1945 beteiligt waren, bekommen wir unseren Einreise-Stempel.
Wir fahren am Abend noch bis zur Stadt Tucson, wo wir etwas außerhalb an einem einsamen Platz die Nacht verbringen. Auf dem Weg dahin sehen wir das erste Mal auf unserer Reise eine wirklich große Spinne, vor denen ich vor Beginn der Reise wirklich großen Respekt hatte. Zum Glück läuft sie nur auf dem Highway herum und wir sitzen im sicheren Auto. Das uns so ein Vieh das erste Mal in den Staaten über den Weg laufen würde hätte ich wirklich nicht gedacht.

Meinen Geburtstag feiern wir dann am ersten „ganzen“ Tag in den USA bei 43 Grad. Moritz beschert mir einen schönen Geburtstagsmorgen mit Apple Pie und Geschenken (ein „echter“ American Football!!) und wir schlendern ein bisschen durch die nette Stadt. Das macht bei der Hitze aber nur mittelviel Spaß, weshalb wir uns entscheiden ins Kino zu gehen – das ist nämlich klimatisiert. Wir gehen in die Nachmittagsvorstellung von „Top Gun – Maverick“ (wir sind jetzt schließlich im Mutterland des Patriotismus) und gönnen uns dazu eine gratis wiederauffüllbare Cola und einen riesigen Eimer Popcorn (wir sind jetzt schließlich im Mutterland des Konsums).



In Phoenix, Arizonas Hauptstadt, schauen wir uns ein Baseball-Spiel der Arizona Diamondbacks an, in einem komplett klimatisierten Stadion. An diesem Tag messen wir die höchste Temperatur der gesamten Reise: 46 Grad zeigt das Auto-Thermometer während der Fahrt an. Weil es abends aber immer so abkühlt, dass wir gut schlafen können und die Luft trocken statt feucht ist, stören uns diese Temperaturen nicht so sehr.

Wir befinden uns auf dem Weg zum Grand Canyon-Nationalpark und machen Zwischenstopps in der ehemaligen Goldgräber-Stadt Jerome, in der auf Schildern erklärt wird, dass man erschossen werden könnte, wenn man privates Gelände unbefugt betritt, und in Flagstaff, durch die die einst bedeutende Route 66 führt.

Mit dem „Annual Pass“ kann man alle amerikanischen Nationalparks und National Monuments ansehen, ohne sie einzeln bezahlen zu müssen. Der Pass kostet 80 $ (pro Auto), der Einzeleintritt für die meisten Nationalparks 35 $. Es ist also keine Frage, dass wir uns den Nationalpark-Pass kaufen und uns nun jedes Mal freuen können, wenn wir einen Natonalpark fahren, weil diese dann für uns (quasi) gratis sind.
Bevor wir in den Grand Canyon Nationalpark fahren, schlafen wir in einem National Forest und stehen am nächsten Tag um 4:30 Uhr auf, um den Sonnenaufgang über dem weltberühmten Canyon anzusehen. Zu der frühen Zeit teilen wir uns den grandiosen Ausblick mit nur wenigen anderen Besuchern und genießen das Morgenlicht, das noch weit davon entfernt ist bis zum Colorado-River vorzudringen, der sich tief unten durch die Schlucht windet. Wir frühstücken und machen uns dann auf den Weg entlang des „South-Rim“, immer direkt an der Schlucht entlang in Richtung Westen. Es verkehrt hier auch ein Shuttle-Bus, der immer wieder hält und in den man beliebig ein- oder aussteigen kann. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass wir einige Teilabschnitte des Weges fast für uns alleine haben, während es an den „Hotspots“ völlig überfüllt ist. Immer wieder sind wir erstaunt, wie unterschiedlich der Blick auf den Canyon ist und wie sich Perspektiven und Licht verändern.





Mit dem Auto fahren wir schließlich zum Ost-Ende des Parks, wo wir weitere grandiose Ausblicke genießen und für die Nacht einen Campingplatz gebucht haben. Abends machen wir uns von dort zum östlichsten Aussichtspunkt begeben. Hier dürfen wir einem wunderschönen Naturspektakel zusehen, das ein Gewitter über die Schlucht zaubert. Zuerst stehen wir noch im Trockenen, müssen aber schon bald vor dem Platzregen in den trockenen Souvenirshop fliehen.


Weiter geht es nun in Richtung Norden. Am berühmten Fotomotiv „Horseshoe-Bend“ und dem Lake Powell machen wir jeweils nur einen kurzen Zwischenstopp. Wir schauen uns den beeindruckenden Staudamm an und baden im Süßwassersee.





Anschließend fahren wir in den nächsten Nationalpark, dem Bryce Canyon, wo wir den nächsten tollen Sonnenaufgang beobachten können. Entgegen dem Namen handelt es sich bei dieser Landschaft nicht um einen Canyon, sondern sind durch jahrelange Erosion Stelen entstanden, die das Plateau nun schmücken und als „natürliche Amphitheater“ beschrieben werden. Auf einer Wanderung genießen wir die verschiedenen Blickwinkel, die sich uns sowohl von oben, als auch von unten bieten. Der im Gegensatz zum Grand Canyon deutlich weniger bekannte Nationalpark begeistert uns und wir verbringen hier einen wunderbaren Tag.






Von hier aus fahren wir in Richtung Westen, verlassen Utah und fahren durch die Wüste von Nevada bis nach Las Vegas. In der unglaublichen Hitze, wieder sind es über 40 Grad, verbringen wir den Tag in klimatisierten Fast-Food-Restaurants und schreiben Blog-Berichte (wir haben und hatten etwas nachzuholen). Als die Dunkelheit einbricht machen wir uns auf dem Weg zum berühmten Las Vegas Boulevard, dem Strip. Die bunten Lichter werden immer mehr und wir fahren an dutzenden „Drive-Thru-Wedding“-Angeboten vorbei. Leider verhindert unsere Dachbox und die damit verbundene Höhe des Autos, dass wir diese Lokalitäten links liegen lassen . Wir finden ohne Probleme einen Parkplatz direkt neben der berühmtesten Straße Las Vegas´ (this is America) und stürzen uns ins nächtliche Gewusel der Stadt. Wir werden geradezu erschlagen von dem Größenwahnsinn, der diese Stadt ausmacht. Auf dem Strip gehen wir am nachgebauten Eifelturm vorbei und schlendern im Venetian Hotel durch ein künstliches Venedig, natürlich samt Kanälen und singenden Gondolieren. Wir bewundern den künstlichen Himmel und staunen über die Dichte der Luxusgut-Geschäfte. Neben vielen Louis Vitton- und Gucci-Filialen kommen wir auch an diversen Markengeschäften vorbei, dessen Namen uns unbekannt sind.





Der Besuch der großen und bekannten Hotelcasinos darf natürlich nicht fehlen, weshalb es uns unter anderem auch in das Caesars Palace und ins Bellagio treibt. Dort beobachten wir das Treiben an den Automaten und Spieltischen. Überall blinkt und blitzt es, der Spieler wird durch Geräusche belohnt und zu weiteren Einsätzen gelockt. Nachdem wir denken, dass wir genug zugeschaut haben, um das Treiben ungefähr zu verstehen setzen wir uns auch an einen Automaten. Den Einsatz von insgesamt 15 $ verkleinern wir kurzzeitig auf nur noch 1 $, schaffen es aber von hier wieder 10 $ herauszubekommen. Wir haben viel Spaß, wechseln die Automaten, wenn sie nicht so wollen wie wir und hören nach einer Stunde guter Unterhaltung und einem passablen Verlust von 5 $ auf. Ich muss feststellen: die Belohnungsmechanismen der Glücksspielmaschinen ziehen bei mir.
Nach 5 Stunden Las Vegas haben wir aber auch genug von diesem Wahnsinn, dem Trubel und den Betrunkenen und sind froh die Stadt nachts um 1 Uhr wieder verlassen zu können.
Nach einem Schlafstopp an einem Autohof in der Wüste erreichen wir am 04. Juli Victorville, eine unbedeutende kleine Stadt kurz vor Los Angeles. Wir entspannen im schönen kleinen Stadtpark, lesen und werfen uns den Football zu. Am Abend wollen wir an den Festivitäten zum Anlass des Unabhängigkeitstags teilnehmen. Wir haben uns bewusst für die kleine Stadt und gegen die ausartenden und für uns woh völlig unübersichtlichen Feierlichkeiten in Las Vegas oder Los Angeles entschieden und bereuen es nicht.
Der Kern des Andenkens an die Unabhängigkeit ist das Feuerwerk, natürlich nicht, ohne vorher vor Patriotismus strotzende Lieder zu hören (mein Favorit: I am proud to be an American), die Hymne zu singen und den Veteranen für ihre Verdienste zu danken. Das ungefähr 15-minütige Feuerwerk, begleitet von passender Musik, wurde gebührend zelebriert. Mich hat die Stimmung, die während der ganzen Veranstaltung geherrscht hat sehr beeindruckt. Es gibt keine Spur von Aggressivität oder zu viel Alkohol, sondern ist es augenscheinlich ein Familienfest, an dem alle teilnehmen und sich verstehen. Statt Alkohol en masse, wie häufig auf deutschen Festen, wird hier gegessen. Von Popcorn, über Corndogs und Nachos bis Burger und Würstchen ist hier alles zu haben. Wir scheinen auf der ganzen Veranstaltung die Einzigen zu sein, die dieses reichhaltige Essensangebot nicht nutzen.

Am darauffolgenden Tag fahren wir nach Los Angeles.
Interessante Beobachtungen, die ihr hier anstellt! Aber wieso habt ihr es so eilig?
Gruss aus Ranchester, Wyoming
Hi Stephan, wir haben leider nur 10 Monate Zeit. Mehr Zeit wär natürlich auch nicht schlecht. Aber wir kommen nochmal wieder 😉
Liebe Grüße aus Binghamton, New York
Super geschrieben! Ich musste ein paar Mal richtig lachen.
Und wieder phantastische Bilder! 😍