Bevor wir am 19. Mai zum Grenzübergang fahren, haben wir eine kreative Aufgabe zu bewältigen: die Mitnahme von Drohnen nach Nicaragua ist verboten, wir haben aber eine dabei. Durch das Umräumen des Geschirrschrankes und die Feststellung, dass die Drohne mehr oder weniger perfekt in unseren Kochtopf passt, haben wir eine Lösung gefunden. An der Grenze werden wir von den Beamten tatsächlich gefragt, ob wir eine „drona“ dabei haben. Moritz und ich haben uns abgesprochen, dass wir zuerst so tun, als wüssten wir überhaupt nicht, was er meint. Wir kommen ohne Autodurchsuchung davon und können die Grenze überqueren.

Wir versorgen uns mit neuen SIM-Karten und machen wir uns auf den Weg in Richtung der pazifischen Küste. In San Juan del Sur, das als Ausgangspunkt für Surf-Urlaube bekannt ist, verbringen wir einen Abend und freuen uns über die kleinen Preise. Zwei Mojitos kosten umgerechnet nur 3,20 € – ein riesen Unterschied zu den happigen Preisen in Costa Rica und Panama. Am Playa Madera hoffen wir auf Wind zum Kiten oder Wellen zum Surfen, Surfboardverleihe gibt es an jeder Ecke. Wieder einmal haben wir Pech, der Wind ist zu schwach zum Kiten, pustet aber die Wellen kaputt, sodass auch Wellenreiten nicht möglich ist. Stattdessen baden wir in der anlandenden Brandung und haben dabei auch viel Spaß.



Von der Küste geht es nach San Jorge, von wo die Fähre nach Ometepe ablegt. Auf dem Weg fällt uns auf, wie akribisch die Nicaraguaner sich an die geltenden Verkehrsregeln halten: an einem Stopp-Schild wird gehalten, und in einer 20er-Zone nicht schneller als 20 km/h gefahren – ein völliges Novum auf unserer bisherigen Reise und wir müssen uns erst einmal wieder daran gewöhnen, dass nicht die Straßenverhältnisse, sondern die Verkehrsschilder den Verkehr regeln. Auch besonders sind die vielen Ochsen und Pferdekarren, die durch das Land fahren. Teilweise und besonders im südlichen Teil des Landes fahren mehr tierische Karren als Autos auf den Straßen.
Die Insel Ometepe liegt im Nicaragua-See, dem größten See Mittelamerikas, und beseht aus zwei Vulkanen, dem Concepción und dem Maderas. Wir finden einen schönen Stellplatz und genießen den tollen Sonnenuntergang über dem Bergpanorama hinter dem See.



An den Naturquellen Ojos de Agua baden wir in den natürlichen Pools, werden dabei aber von der lauten Musik der Einheimischen ganz schön erschlagen. Deshalb bleiben wir nur kurz und fahren weiter zum Nordufer, wo wir den Mittag verbringen. Abends fahren wir nach Mérida und paddeln gemeinsam mit einem Guide in Kajaks erst über den See und dann in den Rio Istián. Wir bekommen die einzigartige Flora und Fauna Nicaraguas zu sehen. Kaimane, Schildkröten, Leguane, Pferde und Kühe und viele verschiedenen Vogelarten leben im und rund um den Fluss. Dank unserem Guide bekommen wir viele von ihnen zu Gesicht. Dabei ist die uns umgebende Stille, die nur durch das Plätschern der Paddel im Wasser durchbrochen wird, ist sehr wohltuend und wir erfreuen uns an dem schönen Licht, das die untergehende Sonne über den See wirft.



Wieder am Ufer angekommen werden wir noch von der Familie des Guides bekocht und bekommen sehr leckeren frisch gegrillten Fisch serviert. Am nächsten Tag kann ich auf dem Weg zur Fähre am Nordufer der Insel zu meiner Freude sogar noch für eine kurze Zeit bei schwachem Wind kiten!


Zurück auf dem Festland geht es für uns in die schöne Stadt Granada. Wir können im Hinterhof von einem netten Amerikaner stehen und machen uns abends auf den Weg in die Stadt. Der Vibe der Stadt am See gefällt uns sehr gut und wir schlendern durch die wuseligen Straßen. Die Gerüche, die Lautstärke und das heitere Leben auf den Straßenmärkten erinnert uns ein bisschen an die Märkte in Peru und Bolivien.



Von Granada sind es nur einige Kilometer bis zur Laguna de Apoyo, die im Krater des gleichnamigen Vulkans liegt. Der See ist 178 m tief und damit 70 m tiefer als der Meeresspiegel. Das Wasser ist warm und sehr mineralienreich. Nach dem Baden fühlt sich die Haut deshalb sehr schön weich und frisch an. Abends fahren wir weiter zum aktiven Vulkan Masaya, dessen Aktivität man ab Anbruch der Dunkelheit vom Kraterrand beobachten kann. Die brodelnde, blubbernde Lava kann man weit unten im Vulkan sehen und dessen giftige Gase riechen – zum Glück haben wir eine FFP2-Maske. Die Park-Ranger erlauben uns am Eingang des Nationalparks zu übernachten, was uns sehr lieb ist, weil wir deshalb nicht im Dunkeln weiterfahren müssen.


Am nächsten Morgen fahren wir früh los und steuern den Vulkan Cerro Negro an. Diesen kann man besteigen und auf Sandboards herunterrodeln. Unser Reiseführer preist dieses Erlebnis sehr hoch an und stellt es in eine Reihe mit den adrenalinreichsten „Abenteuerlebnissen“ weltweit. Unsere Erwartungen sind also hoch, als wir mit den Sandboards in der Hand den Aufstieg beginnen. Von oben können wir einen Blick in den rauchenden Krater werfen und die Ausmaße der Basaltlawinen, die sich in die Landschaft erstrecken bewundern. Der Vulkan bricht immer wieder aus, was man an den mehr oder weniger frischen Überresten des letzten Ausbruchs sehen kann, diese können aber sehr genau vorausgesagt werden, weshalb es eine einigermaßen hoch frequentierte touristische Nutzung gibt. Weil wir uns sehr früh auf den Weg gemacht haben, sind wir aber bis auf eine andere Gruppe alleine.


Die hohen Erwartungen an die Abfahrt werden dann aber leider nicht wirklich erfüllt. Die Abfahrt beginnt relativ langsam und auf dem steilen letzten Stück muss ich die Fahrt widerwillig abbremsen, weil man wegen der hochfliegenden Steine trotz Schutzbrille nichts mehr sieht. Unten angekommen ist das Ergebnis ein völlig verdreckter Körper. Der Basaltstaub ist überall, in den Ohren, in der Nase und auch unterhalb des Schutzanzugs, der zwar bescheuert aussah, seinen Job aber eher schlecht als recht erfüllt hat. Wir duschen noch auf dem Parkplatz am Fuße des Vulkans, bevor wir Rodelboard und Schutzausrüstung wieder abgeben.
Durch die Berge und die nette Stadt Esteli geht es dann zur Grenze nach Honduras, die wir nach einer Woche in Nicaragua erreichen.