Unser Roadtrip startet am 20. Februar, an dem wir abends San Pedro de Atacama in Richtung des Meeres verlassen. Weil der Grenzübergang von Chile nach Argentinien an unserem Standort nicht für Touristen geöffnet ist, müssen wir über 3200 km Umweg fahren, um dann auf der argentinischen Seite wieder auf dem gleichen Längengrad wie zum Startzeitpunkt zu sein. Außerdem gibt es in Chile in der Nord-Süd-Richtung nur eine gut ausgebaute „richtige“ Straße, wir müssen deshalb den gleichen Weg, den wir bereits kennen, nochmal in Richtung Süden fahren. Wir probieren möglichst schnell möglichst viel Strecke hinter uns zu bringen und freuen uns auf die neuen Eindrücke, die uns dann auf der argentinischen Seite erwarten. Das Beste am erzwungenen Umweg: wir halten noch einmal am super Kite-Spot Embalse Puclaro (Moritz lernt die gesprungene Wende). In La Serena lassen wir das Salz der Salzseen in der Atacamawüste von unserem Auto entfernen. Dann kommen wir zum Paso de los Libertadores, dem nördlichsten Grenzübergang zwischen Chile und Argentinien, der für Touristen geöffnet ist, wir haben nun bereits 1600 km hinter uns. In sehr steilen Serpentinen windet sich die Straße die Anden hinauf, auf der Grenze steht der „Cristo Redentor“, der als Zeichen der Freundschaft zwischen Argentinien und Chile 1904 an dieser Stelle aufgebaut wurde.

Kurz hinter der Grenze erblicken wir den höchsten Berg Südamerikas, den Aconcagua (6958 Meter). In Uspallata, dem ersten kleinen Ort auf argentinischer Seite, stoßen wir auf die erfolgreiche Grenzüberquerung an, bevor wir am nächsten Tag nach Mendoza fahren. Hier bleiben wir zwei Tage und schauen uns die schöne Stadt an. Wir befinden uns mitten im Weinanbaugebiet und passenderweise wird gerade die neue Weinkönigin gekrönt. Abends essen wir Asado, dabei wird quasi alles was Tier ist auf den Grill gelegt. Dazu gab es ein Buffet mit allerlei Beilagen die mir deutlich mehr zugesagt haben als das Fleisch.

Ab hier fahren wir nur noch in Sportsachen – es ist unglaublich heiß, das Thermometer zeigt bis zu 38 Grad Celsius an und unsere Klimaanlage besteht bloß aus zwei offenen Fenstern. Wir fahren morgens sehr früh los und versuchen die Mittagshitze zu vermeiden indem wir auf schattigen Plazas Pause machen und Eis essen.
In Chilecito besichtigen wir die fast 120 Jahre alte (Material-) Seilbahn, die das abgebaute Gestein aus den Famatina-Bergen über 35 km und 3500 Meter Höhenunterschied in die Stadt hinabbringt. Sie war zu ihrer Zeit die längste Seilbahn der Welt. Abends genießen wir in Belen, einer Kleinstadt, die es so oder so ähnlich 1000-fach in Argentinien gibt, die belebte Plaza. Wegen der Hitze (selbst um 23 Uhr zeigte das Thermometer noch über 30 Grad an) wacht Argentinien in diesem Gebiet eigentlich erst um 21 Uhr auf – dann wird gegessen, Handwerk verkauft, Live-Musik gespielt und auf der Plaza zusammengesessen. Der Flair, der so verbreitet wird, macht sehr viel Spaß. Allerdings bringt uns diese Lebenslust und Party-Laune der Einheimischen auch um unseren Schlaf, an den direkt an der Plaza nicht zu denken ist. So entscheiden wir uns um zwei Uhr nachts doch noch dazu, uns einen neuen Stellplatz etwas außerhalb zu suchen.



Auf unserem Weg in Richtung der bolivianischen Grenze kommen wir an den Quilmes-Ruinen vorbei. Wir halten, ziehen uns unsere Wanderschuhe an und besichtigen die restaurierten Überbleibsel des Indigena-Volks. Der Blick von oben auf die Steinmauern, die seit dieser enorm langen Zeit an diesem Ort überdauern, ist beeindruckend und der kurze Rundweg lohnt sich sehr. Sehr freuen wir uns dann aber auch über den kleinen Kiosk, der am Besucherzentrum kalte Getränke gegen die Hitze verkauft.



In Salta, der letzten größeren Stadt im Norden Argentiniens machen wir unsere PCR-Tests und genießen ein weiteres Mal das lebendige Abend- oder Nachtleben Argentiniens. Hier werden am Wochenende sogar ganze Straßen gesperrt, auf denen dann stattdessen die Tische der vollbesetzten Restaurants stehen und das Leben gefeiert wird – eine tolle Atmosphäre.

Der letzte Zwischenstopp ist Purmamarca, das Dorf mit dem „Cerro de los Siete Colores“ (dem Berg der sieben Farben). Der Touristenstrom erschlägt uns, weshalb wir uns einen Stellplatz etwas außerhalb, am Rande eines Flussbettes, suchen. Um zu dem Platz zu kommen queren wir, wie schon oft auf unserer Reise, das ausgetrocknete Flussbett. Dieses sieht aus, als hätte es eher Jahre als Tage kein Wasser mehr gesehen. Als es draußen dunkel wird sitzen wir im Bulli und lesen. Es fängt an zu regnen – eigentlich gemütlich. Moritz fällt irgendwann ein Strobo-Licht auf, das von der anderen Flussseite aus einem Haus zu kommen scheint. Die Flutkatastrophe im Ahrtal noch im Kopf fängt er an den Bulli abfahrbereit zu machen. Ich dagegen gehe raus und schaue mir das Flussbett an. Es hat sich in einen Fluss verwandelt. Der Weg auf dem ich zur Mitte des Flussbetts gegangen bin ist auf meinem Rückweg 30 Sekunden später schon von einem anderen, stetig wachsenden Rinnsal unterbrochen. Meine anfängliche Gelassenheit schwindet, wir müssen unseren Stellplatz so nahe am Fluss verlassen. Wir fahren die Straße, die zum Glück bergauf geht, zu einer kleinen Bucht und bleiben dort. Es kommen uns Männer mit Taschenlampen entgegen, die sich scheinbar den Wasserstand ansehen möchten. Wir folgen ihnen, ebenfalls mit Taschenlampen. Ungefähr zehn Minuten nachdem wir das Flussufer verlassen haben, kommt auch dort Wasser hinunter – Gott sei Dank hat Moritz das Licht des Einheimischen, das uns wohl warnen sollte, gesehen und geistesgegenwärtig gehandelt. Wir sprechen mit den Einheimischen, die erzählen, dass sie am nächsten morgen ab acht Uhr die Straße durch das Flussbett wieder herrichten. Sie ist die einzige Möglichkeit die kleine Siedlung zu erreichen und zu verlassen.

Am nächsten Morgen um acht Uhr fahren wir wieder hinunter zum Fluss, um mit anzupacken. Wir rechnen damit, dass es den gesamten Vormittag dauern wird, die völlig überspülte Straße zu befestigen. Es wurden Geröll, Steine und Schlamm angeschwemmt, die es wegzuräumen oder zu verteilen gilt. So richtig genau wissen wir nicht wie die Vorgehensweise ist, die Männer scheinen aber routiniert zu sein. Wir probieren einfach genau das zu machen, was sie auch machen. Nach ungefähr einer halben Stunde schon überquert der erste 4×4-Pick-Up die letzten Überbleibsel des Flusses – deutlich eher als wir gedacht hatten. Ein paar Minuten später trauen wir es unserem Bulli auch zu – der Vorteil: es geht bergab. Die Überquerung klappt ohne Probleme. Wir bedanken uns bei der Dorfgemeinschaft und fahren zurück nach Purmamarca, wo wir uns den siebenfarbigen Berg aus der Ferne ansehen. Es zieht uns aber schnell weiter in Richtung der Grenze.


Der Grenzort heißt La Quiaca, sie ist die nördlichste Stadt Argentiniens und damit 5121 km von Ushuaia, der südlichsten Stadt auf Feuerland, unserem „Weinachtsort“, entfernt. Wir möchten unsere verbliebenen Pesos ausgeben und gehen in einem kleinen Restaurant essen. Wir bestellen das teuerste Gericht auf der Karte (umgerechnet ungefähr 10 €), etwas zum teilen, wissen aber nicht genau was uns erwartet. Es kommt ein kleiner Grill an den Tisch, auf dem – natürlich – viel zu viel Fleisch angehäuft war. Das Essen war nicht wirklich besonders, sondern eher schlecht und der einzige Grund dass ich es erwähne ist der, dass ich über ungefähr zehn Tage etwas von ihm habe. Fast der gesamte Bolivien-Aufenthalt ist von sehr unschönen Nachwirkungen des Essens geprägt.



Zunächst müssen wir uns aber um diverse Kopien kümmern, die für die Abwicklung an der Grenze benötigt werden. Bisher reichten Einreiseerklärungen, Test- und Impfnachweise (etc.) immer auch digital und Reisepass und Fahrzeugschein als Original, dieses Mal wird alles in dreifacher (!) Ausführung verlangt. Die digitale Welt, oder das Prinzip „Scannen“ scheint in Bolivien noch nicht angekommen zu sein. Wir bekommen zum Glück alles zusammen und Dank einer sehr hilfreichen Copy-Shop-Mitarbeiterin auch unsere Einreiseerklärung ausgefüllt (die Website funktioniert auf dem Handy nicht), so dass wir die Grenze abends noch überqueren können.

Wir haben den langen Roadtrip gut überstanden und trotz allem schöne neue Eindrücke mitnehmen können, auch wenn wir die meiste Zeit im Auto auf der Straße verbracht haben. Nun freuen wir uns auf das durch die Anden geprägte Bolivien. Schon der Grenzübergang liegt auf über 3400 Metern.
Wie schön, auf diese Weise wieder einen schönen Eindruck von Neuem von eurer Hammer-Reise zu bekommen😘