Die Carretera Austral – Chiles Traumstraße

Am 29. Dezember überquerten wir die chilenische Grenze am Grenzübergang Rio Jeinimeni. Im Grenzort auf der argentinischen Seite, Los Antiguos, waren wir ein paar Wochen vorher erst gewesen, um von hier die Ruta 41 in Richtung Süden zu fahren. Die erste Stadt auf der chilenischen Seite ist Chile Chico, direkt am Lago General Carrera. Hier besorgten wir uns chilenische SIM-Karten und waren erneut erstaunt über den, im Vergleich zu deutschen Mobilfunktarifen, geringen Preis für das mobile Internet. Wie sich im Laufe der Wochen herausstellen sollte, ist auch die Netzabdeckung beeindruckend gut. Wenn wir mit unseren Eltern zuhause telefonieren machen öfter Aschendorf oder Altenbruch als das Hinterland Chiles Probleme bei der Verbindung.

Von Chile Chico ging es eine wunderschöne (Schotter-) Straße direkt am Ufer des Lago General Carrera entlang in Richtung Westen. Es boten sich immer wieder fantastische Ausblicke auf den azurblauen See und die schneebedeckten Berge direkt dahinter.

Auf unserer Reise waren uns immer wieder auch Fahrradreisende entgegengekommen, die sich nur mit Muskelkraft durch die Weiten des Kontinents bewegten. Obwohl wir (und vor allem ja Moritz) auch schon längere Radtouren unternommen haben, nötigte uns das jedes Mal ganz schön Respekt ab. Teilweise führten Straßen über mehrere hundert Kilometer nur geradeaus, ohne an einer Versorgungsmöglichkeit vorbei zu führen. Wir gewöhnten uns also an, alle, die auf Rädern unterwegs waren durchs offene Fenster anzufeuern. So machten wir es auch bei dem Paar mit Fahrradanhänger, das wir überholten. Allerdings bekamen wir, anders als sonst, kein Winken oder Jubeln zurück, sondern ein einigermaßen verzweifelt klingendes „No!“ von der Frau. Als wir um die nächste Kurve fuhren und ich mich noch einmal nach ihnen umschaute meinte ich eine Winkbewegung auszumachen, die uns bedeutete zurückzukommen. Also hielten wir bei der nächsten Gelegenheit am Straßenrand an und warteten, ob die Beiden Hilfe benötigten.

So lernten wir die Franzosen Thomas, Clemence und die kleine Zoé kennen. Es war für sie bis zu diesem Punkt wohl eine ganz schöne Horror-Etappe. Die Fahrt ging über eine hügelige Waschbrettstraße mit Steinen auf dem Weg und der Gegenwind blies Sand und Dreck direkt ins Gesicht, so dass die Sicht teilweise auf wenige Meter beschränkt wurde. Zum Glück haben wir unseren Fahrradträger vor der Reise nicht abmontiert, wir nutzen ihn zum Beispiel zum Trocknen unserer Neoprenanzüge, so dass wir die beiden Fahrräder ohne Probleme mitnehmen konnten. Wir fuhren mit ihnen ungefähr 60 km in das nächste Dorf und setzten sie am Campingplatz ab. Später verbrachten wir noch den Abend zusammen. Weil die Wettervorhersage und die Straßenaussichten für den nächsten Tag schlecht waren, fragten sie uns, ob wir sie ein weiteres Mal mitnehmen könnten – klar das war kein Problem. Moritz erzählte mir übrigens, dass er erst die Fahrräder angesehen hat bevor er unseren neuen Begleitern ins Gesicht geschaut hat – es waren schließlich Räder aus der gleichen Manufaktur wie seins.

Am Westufer des Lago General Carrera stießen wir auf die „Carretera Austral“ (Ruta 7), die als die Traumstraße Chiles bekannt ist und uns auf unserem Weg Richtung Norden bis nach Puerto Montt begleiten sollte. Sie führt durch Urwälder, Seenlandschaften, vorbei an Vulkanen und durch die Berglandschaft der Anden. So kam es, dass wir in Puerto Rio Tranquilo, noch immer am Ufer des Sees, zusammen mit Thomas, Clemence und Zoé, sowie mit zwei chilenischen Paaren aus ihrem Hostel Silvester feierten. Am Abend buken wir in unserem Feuertopf Brot. Leider haben haben die Kohle-Briketts wegen des starken Windes nicht lange genug Hitze abgegeben, so dass das Brot nicht an allen Stellen ganz durch war – wir verbuchen die Erfahrung als guten ersten Versuch.

Bevor wir uns von unseren neuen Freunden verabschiedeten, unternahmen wir von Puerto Rio Tranquilo aus eine Bootstour zu den berühmten Capillas de Mármol, den Marmorhöhlen auf dem Lago General Carrera. Der ausgewaschene Mamor und die ungewöhnlichen Formationen, die sich dadurch ergeben sind wirklich sehenswert. Allerdings muss man sich den Anblick gemeinsam mit 15 anderen Passagieren und zwei bis drei weiteren vollgepackten Touristenbooten teilen.

Ganz anders dagegen sah unser Abstecher in das fast menschenleere Valle Exploradores aus. In dieses langezogene Tal führt eine Stichstraße von der Carreterra Austral, die 80 km in den Urwald getrieben wurde. Sie endet an einem kleinen Hafen, von dem Bootstouren gebucht werden können. Dieses Tal ist Natur pur. Die Steilhänge links und rechts sind von Urwald bewachsen, immer wieder lichtet sich der Blick auf Gletscher und Seen und Flüsse säumen die Straße genauso wie die unzähligen Wasserfälle, die von hoch oben ins Tal hinabstürzen.

Diese Lagune entstand durch eine riesige Gerölllawine. Das Tal war mehrere Monate von der Außenwelt abgeschnitten.
Nach viel Regen bilden sich überall Wasserfälle.

Ungefähr bei Kilometer 40 der Straße haben sich zwei schrullige deutsche Auswanderer vor 20 Jahren niedergelassen, die sich ihren Lebensunterhalt durch die Vermietung von Zimmern sowie Kuchen- und Marmeladenverkauf verdienen. Wir aßen einen Apfelkuchen und deckten uns mit Marmelade ein. Als wir auf dem Rückweg wieder an ihnen vorbeikamen wurden wir gebeten Katrin mit ins Dorf zu nehmen, weil das Auto nicht ansprang – sie hatte einen Termin für einen Autokauf.

Auf der Carretera ging es weiter in Richtung Norden. In Coyhaique machten wir einen Großeinkauf – es war die erste richtige Stadt seit der Grenzüberquerung. An einem Nebenarm des Rio Simpson ein paar Kilometer weiter nördlich hatten wir einen unserer schönsten Stellplätze bisher. Wir konnten direkt am Fluss stehen, es gab eine Feuerstelle und die Sonne tat das Übrige um uns zwei sehr schöne Tage zu bescheren.

Weiter ging es über einen Pass am Rio Cisnes, der von Wasserfällen und kleinen Wandermöglichkeiten gesäumt ist, die aber wegen der zahlreichen Bauarbeiten an der Straße nicht erreichbar waren. Unseren guten Ruf als Abgesandte des ADAC konnten wir durch Hilfestellung beim Reifenwechsel und das Geben von Starthilfe weiter aufrecht erhalten.

2 Kommentare zu „Die Carretera Austral – Chiles Traumstraße

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